Geschichte der Mittelschule
Verfasser: Manfred Reimer, August 2004
Das Schulgebäude wurde 1896 erbaut und von der „Höheren Töchterschule“ bezogen.
Aus dieser wurde 1909 die „Städtische Höhere Mädchenschule“, die am 17.04.1914 als Lyzeum und Oberlyzeum in den Neubau in der Luisenstraße einzog.
Ab Ostern 1914 war dann im Gebäude in der Augustastraße die Mittelschule untergebracht, die 1913 mit zwei Klassen in der Knabenschule am Dom gegründet worden war.
Bis 1918 wurde die Klassenzahl erhöht, womit dann die sechsstufige Mittelschule vollständig war.
1934 wurde die Mittelschule in „Gneisenau – Schule“ umbenannt und auch für Mädchen geöffnet. Da die Räume in der Augustastrasse nicht ausreichten, wurden die Mädchenklassen sämtlich im Lyzeum untergebracht. Ebenso, zu meiner Zeit (1937), die erste Knabenklasse.
Der erste Rektor der Schule war bis 1928 Herr Emil Dietrich.
Die ersten Lehrer waren Herr Leß und Herr Horn.
Zweiter Rektor war, von 1928 bis 1933, Herr Gruss.
Ab 1933 dann Herr Radusch. Dieser wurde im letzten Schuljahr von Herrn Zager vertreten.
Hausmeister – Ehepaar waren, solange die Schule bestand, Elisabeth und Otto Jakob. Auch unser allseits verehrter Lehrer Kurt („Pötter“) Zager gehörte der Schule ebenso lange an.
Im Zuge des Unterganges der Stadt am 18. März 1945 wurde die Schule – fast wie ein Wunder – nur wenig zerstört. Sie wird auch heute noch als Schule von den Polen genutzt. Die „Vereinigung ehemaliger Mittelschüler zu Kolberg“ (s.u.) erhielt zum 20. Mai 2001 eine Einladung von der jetzigen Direktorin dieser Schule, die die angereisten 31 Personen selbst, in Begleitung einer Dolmetscherin, durch die Schule führte. Für alle „Ehemaligen“ war dieser Besuch ein besonderes Erlebnis.
Das Lehrer-Kollegium von 1919
stehend von links:
Herr Timm, Herr Geyer, Herr Sohn, Herr Lüdtke, Herr Radusch, Herr Siebahn, Herr Hellwig, Herr Potziech
sitzend von links:
Herr Klug, Frl. Wulf (später verehel. Sohn), Herr Rektor Dietrich, Herr Leß, Herr Ruhnow, Herr Zager
Geschichte der Vereinigung ehemaliger Mittelschüler zu Kolberg
Verfasser: Manfred Reimer, Mai 2008
Die Vereinigung der ehemaligen Mittelschüler hat sich altersbedingt 2015 aufgelöst.
Nachdem 1919 die ersten Schüler die 1913 gegründete Mittelschule verließen, stellten sie bald fest, dass die freundschaftlichen und kameradschaftlichen Beziehungen zu einander, die während der Schulzeit entstanden waren, im Laufe der Zeit langsam schwanden. Man plante, einen Verein „Ehemaliger“ zu gründen, leider ohne Erfolg. Auch im Jahr darauf misslang dieser Versuch. Erst 1921 gelang es, einen Verein „Ehemaliger“ zu gründen. Man traf sich, nach intensiver Mundpropaganda, am 3. September im Restaurant „Waldenfels“. Walter Bugs, Entlassungsjahrgang 1919, der zusammen mit Artur Wegner und H. Belz die ehemaligen Schüler eingeladen hatte, erklärte den 17 Anwesenden den Sinn und Zweck des zu gründenden Vereins und verlas eine von ihm erstellte Verfassung. Nach eingehender Beratung traten alle Anwesenden dem Verein bei. Auf Antrag von Johannes Vahl, wurde das Wort „Verein“ in „Vereinigung“ geändert. Somit entstand also hiermit die „Vereinigung ehemaliger Mittelschüler zu Kolberg“.
Die Mitgliederzahl wuchs ständig, niemand hatte vorausgesehen, dass die Vereinigung einen derartigen Zuspruch fand. Die Versammlungen fanden monatlich statt. Vereinslokal waren in zeitlicher Reihenfolge: Kellmanns Bierstuben mit der unvergesslichen Wirtin „Tante Anna“, der Ratskeller mit dem Pächter Schulze alias Kellermaxe, und Tivoli mit dem beliebten Ehepaar Teschner. Der Besuch der Versammlungen war immer sehr stark. In bunter Reihenfolge gab es Ausflüge, Alte-Herren-Abende, Frühschoppen, Beteiligung am Umzug und Feier des 2. Juli in der Maikuhle und so weiter. Alljährlich wurde ein Stiftungsfest veranstaltet, außerdem Maskenbälle, Karnevalsabende mit Prinz Karneval und Gefolge. Infolge der laufenden Geldentwertung konnte man keine Kapelle mehr bezahlen. So wurde im Winter 1922/23 eine Schrammelkapelle gegründet, 12 – 15 Mann stark. Sie spielte zum Sommerfest 1923 erstmals zum Tanzen auf.
Im Frühjahr 1926 schlossen sich die einzelnen Ehemaligen-Vereine aus Köslin, Naugard und Stettin zusammen. Weitere Vereine aus Stolp und Stargard folgten. Der Sitz des Zentralverbandes lag in Stettin. Dort fanden auch die jährlichen Landestagungen statt. Der gegenseitige Besuch von Abordnungen zu den Stiftungsfesten wurde sehr gepflegt. Am 4. September 1926 fand die Fahnenweihe der Vereinigung im Tivoli statt. Diese Fahne, sowie alle historischen Unterlagen, gingen leider mit dem Untergang von Kolberg 1945 verloren.
Im September 1928 wurde Johannes Vahl, alias „Zeus“, zum neuen Vorsitzenden der Vereinigung gewählt. Infolge von Krieg und Nachkriegszeit, behielt er dieses Amt bis 1986 inne. So wurde die Vereinigung sein Lebenswerk und später auch sein Lebensinhalt.
Nachdem 1933 die Nationalsozialisten die Macht übernommen hatten, ging das Vereinsleben stark zurück und kam bei manchen Vereinen ganz zum Erliegen. Die Vereine mussten auf Anordnung gleichgeschaltet werden, das heißt: Vorsitzender konnte nur sein, wer einer nationalsozialistischen Organisation angehörte. In der Vereinigung ehemaliger Mittelschüler zu Kolberg, die sich in Kurzform „VEM“ nennt, brauchte der Vorsitzende nicht gewechselt zu werden, da Hans Vahl als Mitglied des damaligen Jungstahlhelms, automatisch SA–Mann geworden war. Ein Stamm von 25 Mitgliedern blieb jedoch der VEM treu. Man traf sich insgeheim in Kellmanns–Bierstuben und feierte dort auch kleine Feste zusammen mit den Frauen. Schülermützen durften nicht mehr getragen werden, nur noch HJ-Mützen.
Als am 8. Mai 1945 der schreckliche Krieg endlich beendet war, waren die Mitglieder in alle Winde zerstreut worden, einige als Soldaten gefallen, beim Kampf um Kolberg ums Leben gekommen oder in Gefangenschaft geraten. Die Stadt selbst war zu über 95 % zerstört, und fast alle Einwohner und in der Stadt befindlichen Flüchtlinge konnten auf dem Seeweg gerettet worden. Es waren etwa 85.000 Menschen.
Die ehemaligen Mittelschüler, die damals – wie 12 bis 15 Millionen Deutsche auch – ihre Heimat verlassen mussten, standen im wahrsten Sinne des Wortes vor dem Nichts. Sie hatten nicht nur ihr Hab und Gut verloren, sondern auch ihre angestammte Heimat und standen nun bettelarm in einer für sie fremden Umgebung. Es war für alle eine schwere Zeit, aber allmählich lebte man sich ein, fand Arbeit und ganz, ganz langsam ging es wieder etwas bergauf.
Nach langem Schweigen erwachte 1971 die VEM wieder zu neuem Leben. Obwohl Hans Vahl in den Jahren 1969 und 1970 nur wenige ehemalige Mitglieder ausfindig machen konnte, gelang es ihm 1971, 17 Ehemalige nach Hamburg zum Wiedersehen und zur Neugründung einzuladen. Sie kamen alle, zumal dieses Treffen auf den 3. und 4. September fiel, denn am 3. 9. 1921, also vor genau 50 Jahren, wurde damals in Kolberg die Vereinigung gegründet. Und wie damals gründeten nun auch 17 Ehemalige in Hamburg, im Haus des Sports, die neue VEM. Der neuen Zeit angepasst konnte nun jeder Mitglied werden, der jemals die Mittelschule in Kolberg besucht hatte, also auch Frauen und diejenigen, die infolge des Krieges die Schule nur ganz kurz besucht hatten. Auch wurde das vertrauliche „Du“ für alle eingeführt. Der Vorstand setzt sich wie folgt zusammen:
Vorsitzender: | Johannes Vahl |
Kassenführer: | Paul Kurth |
Protokollführer: | Werner Firzlaff |
Beisitzer: | Karl–Heinz Ducherow |
Beim Kolberger Treffen 1972 und besonders beim ersten VEM-Bundestreffen am 2. und 3. September 1972 in Celle stieg die Mitgliederzahl ernorm an. Wenn ich mich richtig erinnere, waren es etwa 130 Mitglieder. Beim Bundestreffen 1974 überreichten die Damen der Vereinigung einen neuen Tischbanner, ermöglicht durch eine Sammlung.
Im gleichen Jahr erschien auch das erste Mitteilungsblatt. Die Seiten mussten damals mit Hektographentinte geschrieben werden, damit sie vervielfältigt werden konnten. Dies gelang jedoch bei nur etwa 70 Stück. Weil aber mehr als hundert benötigt wurden, mussten die Seiten zweimal geschrieben werden. Seit 1994 erscheint das Mitteilungsblatt in zeitgemäßer Technik (Computer) und umfasst ca. 16 bis 28 Seiten, also eine kleine Schülerzeitung, hergestellt von Manfred Reimer.
Die bisherigen Nachkriegstreffen fanden in folgenden Orten statt: Celle (Hotel Borchers), Marienhagen (Bartels Berghotel), Barsinghausen (Sporthotel) und Bad Essen (Hotel Haus Deutsch Krone und Parkhotel, seit 2006 stets im Hotel Haus Deutsch Krone).
Am 2. September 1978 erhielt die VEM wieder eine Fahne, die nach Plänen von Johannes Vahl (wir nannten ihn schon lange „Hans“, oder mit seinem Spitznamen „Zeus“) angefertigt wurde. Finanziert wurde sie durch Spenden von Mitgliedern.
Beim Bundestreffen im September 1986 gab unser „Zeus“ im Alter von 83 Jahren nach 58-jähriger Tätigkeit den Rücktritt vom Amt als Vorsitzender der VEM aus Altersgründen bekannt – zur großen Traurigkeit aller Anwesenden. Er wurde von der Versammlung einstimmig zum Ehrenvorsitzenden der VEM gewählt. Sein alter Weggefährte seit der Gründung 1921, Karl-Heinz Ducherow, übernahm das arbeitsreiche und verantwortungsvolle Amt und führte es in seinem Sinne, zur absoluten Zufriedenheit aller Mitglieder aus, bis er es acht Jahre später im Alter von 81 Jahren an den neunen Vorsitzenden, Dr. Arno Herms, übergab. 1998 wurde Manfred Reimer, der bereits vorher schon alle wichtigen Arbeiten übernommen hatte, zum neuen Vorsitzenden der VEM gewählt.
Es ist wirklich erstaunlich, dass nach so langen Jahren die jährlichen Schultreffen immer noch an drei Tagen stattfinden und noch immer zahlreiche Mitglieder, meist mit ihren Ehe– und Lebenspartnern daran teilnehmen. Dies zeugt von aufrichtiger Freundschaft und Verbundenheit. Im Mai 2008 hatte die VEM 77 Mitglieder, 29 Frauen und 48 Männer. Das Alter liegt heute zwischen 75 und 95 Jahren. Viele kennen sich noch aus der Schulzeit als Klassenkameraden und sind im Laufe der jährlichen Treffen zu Freunden geworden. Einige werden in den letzten Jahren aus Gesundheitsgründen von ihren Kindern (im Alter von 40 – 50 Jahren) mit dem Auto zum Treffen gefahren, die dann auch meist an den Treffen teilnehmen.
Sicherlich trägt auch der Verlust der Heimat durch den Krieg, zu dieser Verbundenheit bei. Neben den Erinnerungen an die Schulzeit wird auch an die alte Heimat Kolberg gedacht, das von vielen wieder besucht wird. Alte und neue Fotos und Filme von Kolberg werden bei den Treffen vorgeführt und ausgetauscht.
Bei einem zusätzlichen Schultreffen 2001 in Heringsdorf auf Usedom, anlässlich des 80–jährigen Bestehens der VEM, erhielten wir, dank der Verbindung zweier Schulfreunde zur derzeitigen Direktorin unserer alten Schule in Kolberg, eine Einladung zu einem Besuch. Die Direktorin führte uns (31 Personen) persönlich, unter Begleitung einer Dolmetscherin, durch die Schule – heute eine Art Techniker–Berufsschule. Wir sahen eine in allen Bereichen hervorragend eingerichtete, moderne Schule. Äußerlich hatte sich die ehemalige Gneisenau – Schule seit damals kaum verändert, denn wie ein Wunder blieb sie, wie nur ganz wenige Gebäude der Stadt beim Untergang von Kolberg am 18. März 1945, fast unbeschädigt.
Inzwischen haben wir vom 14.-16. August 2008 unser 25. Schülertreffen im hübschen Kurort Bad Essen durchgeführt.
Als derzeitiger Vorsitzender der VEM war es mir ein Bedürfnis, die Geschichte und Entwicklung der Vereinigung niederzuschreiben, um sie für die Nachwelt zu erhalten. Denn in etwa 15 – 20 Jahren wird unsere Generation ausgestorben sein und kein lebender Zeuge mehr etwas erzählen können.
Schülertreffen in Bad Essen am 15.08.2008
Quelle: Artikel aus dem Wittlager Kreisblatt vom 27.08.2008
Über Grenzen Kontakt halten
„Vierteljährlich erscheint unsere Schülerzeitung. Sie ist ein wichtiges Medium, um miteinander Kontakt zu halten“, erläutert Manfred Reimer. Er ist Vorsitzender der Vereiningung ehemaliger Mittelschüler zu Kolberg.
Seit 25 Jahren treffen sich die ehemaligen Schüler der Stadt in Pommern, heute Polen, zu ihrem Bundestreffen im Hotel Haus Deutsch Krone in Bad Essen. Rund 20 Männer und Frauen waren in diesem Jahr dabei. Die Gäste kommen aus ganz Deutschland. Auch im Ausland wohnen ehemalige Kolberger Mittelschüler. Zu den besonders aktiven Mitgliedern zähle ein Mann, der seit Jahrzehnten in Madrid wohne, so Reimer.
Der Vereinigung kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Im Frühjahr 1926 erfolgte der Zusammenschluss der einzelnen Ehemaligen-Vereine aus Köslin, Naugard und Stettin. Weitere Vereine aus Stolp und Stargard folgten. Der Sitz des Zentralverbandes lag in Stettin. Nachdem 1933 die Nationalsozialisten die Macht übernommen hatten, ging das Vereinsleben stark zurück. Die Vereine mussten auf Anordnung gleichgeschaltet werde, das heißt: Vorsitzender konnte nur sein, wer irgendeiner nationalsozialistischen Organisation angehörte. Das Vereinsleben schlief ein. Als am 8. Mai 1945 der Krieg zu Ende war, waren die überlebenden Mitglieder in alle Winde zerstreut, die Stadt selbst war zu über 95 Prozent zerstört.
1971 gründeten 17 Ehemalige in Hamburg die neue Vereinigung, Mitglied konnte nun jeder werden, auch Frauen, die jemals die Mittelschule in Kolberg besucht hatten, auch diejenigen, die infolge des Krieges nur ganz kurz in der Schule waren, berichtete Reimer.